Motiviert und integriert

Ehemaliger Flüchtling besucht die Realschule

Es ist ein großer Unterschied, ob das Thema Migration im Unterricht behandelt wird oder ob Jugendliche Informationen über Migration aus erster Hand bekommen können. Deshalb luden die Klassen 9c und 9d Norbert Endres, den ehemaligen
Bürgermeister des Marktes Triefenstein, ein. Die Schüler und ihr Lehrer waren durch einen Zeitungsartikel in der Mainpost auf Endres und seinen ehrenamtlichen Deutschunterricht mit Flüchtlingen aufmerksam geworden. Schnell zog diese Idee
weitere Kreise und Endres schlug vor, einen Flüchtling mit in die Unterrichtsstunde zu bringen. Dass dies noch dazu am „Weltflüchtlingstag“ gelang, war ein doppeltes Glück.

Mit Mahdi Hosseini hatten die Jugendlichen einen 28-jährigen Mann, der sehr anschaulich über seine Flucht und seine Integration in Trennfeld sprechen konnte. Hosseini unterbrach an diesem Tag seine Arbeit als selbstständiger Metzger und nahm sich über eine Stunde Zeit, um den 40 Jugendlichen aus beiden Klassen Auskunft über sein junges, aber bewegtes Leben zu geben. Viele der
Fragen gingen um die Gründe der Flucht, wie diese abgelaufen ist und wie er 2015 hier Fuß fassen konnte. Mahdi Hosseini erreichte als 17- Jähriger über die Balkanroute Deutschland. Nach rund eineinhalbmonatiger Flucht kam er über die Stationen Berlin und Schweinfurt schließlich in Trennfeld an.

Schon vor seiner Flucht aus dem Iran war der Traumberuf des gebürtigen Afghanen Metzger und so war es ein glücklicher Zufall, dass er im Trennfelder Betrieb Bumm genau diesen Beruf erlernen konnte.
Zu den Zielen des jungen Mannes gehört es in einigen Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen. Auch wenn er die Voraussetzungen dazu schon seit einiger Zeit erfüllt, besitzt er immer noch lediglich einen Aufenthaltstitel.
Ein weiterer Traum von ihm ist es, die Nachfolge einer Metzgerei anzutreten. Auch hier sind die Voraussetzungen gut. Denn er hat schon seinen Meister gemacht und ist es aufgrund seiner Selbstständigkeit gewohnt, sehr lange zu arbeiten.
Auf den Umstand angesprochen, ob er als Muslime, Schwierigkeiten habe, Schweinefleisch zu verarbeiten, meint Hosseini, wichtiger als das Einhalten von religiösen Praktiken seien ihm der respektvolle Umgang mit Menschen und das Beachten von Werten. Er habe keine Probleme damit, verschiedenste Wurstmassen abzuschmecken und würde in seiner eigenen Metzgerei auch weiterhin
Schweinefleisch verkaufen.

Norbert Endres war in den letzten Jahren mitverantwortlich für die Integration der Familie Hosseini und ist dies auch für andere Flüchtlinge aus Afghanistan und Eritrea. Als ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Notunterkunft Marktheidenfeld sowie im Helferkreis im Kloster Triefenstein unterrichtet Endres dreimal in der Woche Deutsch. Seine Erfahrungen mit den Flüchtlingen sind durchweg positiv. Alle, die er kennt, sind motiviert und wollen sich integrieren.

Fotos: Martin Glückert

Mahdi Hosseini ist allerdings ein besonders gutes Beispiel für Integration. Das liegt zum einen daran, dass der junge Mann viele Menschen im Markt Triefenstein angetroffen hat, die ihm vorurteilsfrei begegnen. Zum anderen liegt es an ihm selbst, weil er
sehr dankbar für die Chancen in seiner neuen Heimat ist. Da er die Repressalien in Afghanistan und Iran nur zu gut kennt, appellierte er am Ende an die jungen Realschülerinnen und Realschüler: Die Jugendlichen sollten die Freiheit, die sie besitzen, schätzen und mit ihr etwas anfangen.